Oranienburg (FSR). Jeder, der schon einmal ein Arbeitszeugnis erhalten oder erteilt hat, kennt das Problem. Grundsätzlich dürfen die Zeugnisse keine unwahren Behauptungen enthalten. Über die Jahre hat sich aber ein „Geheimcode“ bei Arbeitszeugnissen entwickelt, der es dem Arbeitgeber ermöglichen soll, auch negative Bewertungen so auszudrücken, dass sie dem ungeübten Leser (meist dem Arbeitnehmer) nicht sofort ins Auge fallen, dieser also in dem Glauben gelassen wird, ein gutes Zeugnis erhalten zu haben. Der geübte Leser (meist ein potentieller Arbeitgeber) kann aber den Geheimcode „knacken“ und stellt den Bewerber oder die Bewerberin nicht ein. Welche Formulierungen und „Codes“ was bedeuten und ob sie zulässig sind, entscheiden regelmäßig die Arbeitsgerichte. Sie haben sich auch mit der Frage zu befassen, ob es eine negative Bewertung darstellt, wenn etwas weggelassen wird. Denn Grundsätzlich besteht nicht nur eine Verpflichtung zur sorgfältigen Abfassung des schriftlichen Zeugnisses, sondern auch die inhaltlichen Grundanforderungen an jedes Arbeitszeugnis, nämlich das Gebot der Zeugniswahrheit und das Gebot der Zeugnisklarheit (Bundesarbeitsgericht – 9 AZR 386/10).
So hatte das Landesarbeitsgericht Kiel nun darüber zu entscheiden, ob ein überdurchschnittlich gutes Arbeitszeugnis dadurch abgewertet wird, dass bei der Verhaltensbeurteilung des Arbeitnehmers die Kollegen vor den Vorgesetzten genannt werden (LArbG Kiel, 1 Ta 207/13). Der Kläger sah in der in seinem Arbeitszeugnis enthaltenen Erwähnung des Verhaltens gegenüber den Kollegen vor der Erwähnung des Verhaltens gegenüber den Vorgesetzten eine gemäß § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO unzulässigen Geheimcode. Er beantragte daher die Erteilung eines Zeugnisses mit entsprechend geänderter Reihenfolge. Das Landesarbeitsgericht wies die Klage in zweiter Instanz ab. Ein Erfahrungssatz, dass die Benennung der Kollegen vor den Vorgesetzten ein inhaltlich an sich überdurchschnittliches Zeugnis abwerte, kenne die Beschwerdekammer nicht.